In
den letzten Jahren wurden drei neue Stadtteilzentren, deren
Ankermieter "Kaufland" ist, gebaut. Zunächst war dies 2007 das
Reudnitz-Center, auf dem Areal des ehemaligen Straßenbahnhofs
Reudnitz, mit denkmalgeschützten Hallen und Gebäuden; 2010 das
Gohlis-Center, auf dem ehemaligen Gelände der Gohliser
Actien-Brauerei; und 2012 das Handelscenter Lindenauer Markt, im
historischen Ortskern von Lindenau. An allen drei Bauprojekten
hatte der Leipziger Stadtrat wenig bis kein Interesse.
Historische Bausubstanz wurde abgerissen und zwei
Sichtbeton-Gebäude errichtet.
Kaufland Lindenau (2012)

Auf dem Areal des künftigen
„Handelscenter Lindenauer Markt“ zwischen Henricistraße
und Kuhturmstraße standen bis 2010 einst vier Gebäude.
Die Henricistraße 12 war ein schönes Gründerzeitgebäude
mit Klinkersteinfassade, dass im Februar 2010 abgerissen
wurde, gefolgt von den Gebäuden Lindenauer Markt 4 und
2/Kuhturmstraße 1a, hier wurden lediglich die Fassaden
stehen gelassen, und ein Hinterhaus mit der Hausnummer
2a. Die drei Gebäude wurden von Mai bis Juli 2011
abgerissen. Direkt an der Kuhturmstraße Ecke
Henricistraße entstand 2001 durch den Ausbau der
Kuhturmstraße ein kleiner Park mit mehreren Linden, auch
dieser musste weichen. Das neue Handelscenter befindet
sich im Herzen von Lindenau, direkt im historischen
Ortskern.
Zu diesem Vorhaben gab es
mehrere Informationsveranstaltungen, darunter ein
Bürgerabend „EinKaufland Lindenauer Markt!“ im März
2010, in dem auch Vertreter der Stadt Leipzig, dem
Stadtforum Leipzig und von Kaufland eingeladen waren.
Zuvor hatte das Stadtforum 28 Fragen an den Stadtrat
gerichtet, um sie auf diesem Abend vorzubereiten.
Während den Diskussionen waren alle Stadtrats-Fraktionen
sich nicht einig, ob sie dem Bau zustimmen sollen oder
nicht. Davor und Danach gab es Befürworter und Gegner in
den politischen Kreisen. Die FDP-Fraktion schrieb in
ihrer Pressemitteilung vom April 2010, dass gegenüber
dem Investor ein Vertrauenstatbestand bestünde, den
Stadt und Stadtrat halten müssen. In diesem Fall: „… nun
müsste aus diesem Grund das Kaufland Center an den
Lindenauer Markt, ob es die Bewohner brauchen oder
nicht“.
Stadtforum:
Die Öffentlichkeit hatte eine sehr hohe Sensibilisierung
und es war über Monate ein Dauerthema in der Presse. Der
Stadtrat ist voll in die Diskussion eingestiegen. Es ist
zunächst gelungen, den ersten Anlauf für eine
Genehmigung per Bebauungsplan aufzuhalten. Der Beschluss
wurde verschoben und im zweiten Anlauf gab es eine
Abstimmung mit hauchdünner Mehrheit für das
Handelscenter nach äußert kontroverser Diskussion!
Angeregt wurde eine
kleinteilige Bebauung statt eines großen Komplexes. Die
Stadt Leipzig war damals auf der Suche nach Investoren,
fand aber keine und gab das Vorhaben auf. Später stellte
sich heraus, dass es doch Interessenten gab und gibt.
Doch zu diesem Zeitpunkt gab es diese Möglichkeit nicht
mehr, zumindest für den Projektentwickler. Auch die
Fassadengestaltung erwies keine kleinteilige Bebauung
zu, statt verschiedener Fassaden gibt es nur eine
einheitliche Kaufhausfassade, die sich fast um das
gesamte Areal erstreckt.
Dass „Handelscenter
Lindenauer Markt“ wurde im Mai 2012 eröffnet. Eine
Bau-Doku zum neuen Kaufland-Markt finden Sie auf
www.baustelle-leipzig.de.
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Kaufland Gohlis (2010)
Auf dem Grundstück des
heutigen Stadtteilzentrums befand sich die Gohliser
Actien-Brauerei, die im Jahre 1871 an der Hallischen
Straße (seit 1945 Georg-Schumann-Straße) gebaut wurde
und ein Jahr später ihren Betrieb aufnahm. Die
Abteilungen wurden dem Produktionsablauf im Brauprozess
angeordnet. Unter dem Areal befanden sich gewaltige
Gewölbekeller, zum Teil doppelte mit Höhen von fast 8
Metern. Hergestellt wurde hier unter anderem das „Gohliser
Pilsner“ und die „Lipsona Club Cola“, ein beliebtes
Erfrischungsgetränk zu DDR-Zeiten. An der Natonekstraße
befand sich ein zweistöckiges Wohnhaus mit Ausschank
namens „Bräuchstüb’l“. In den 1950er Jahren waren nur
noch das Brauereigebäude an der Breitenfelder Straße,
ein Pförtnerhäuschen an der Georg-Schumann-Straße und
der Ausschank vorhanden. Letzteres fiel 2006 zum
Brandopfer. Im Jahr 1991 wurde der Betrieb eingestellt.
Für den Bau eines weiteren
Kaufland-Marktes in der Messestadt wurde 2006 der
Gebäudekomplex der ehemaligen Brauerei abgerissen. Im
Jahr 2004 wurde eine Planung für das Gelände erstellt,
deren Bauteile von der Denkmalpflege als erhaltenswert
eingestuft und in die Neubauplanung integriert wurden.
Ein Großteil der Fassade an der Breitenfelder Straße
sollte einbezogen werden, der Abriss der Malzdarre war
nicht gestattet, lediglich wurde ein Abriss der Mälzerei
im nördlichen Teil genehmigt. Aber der Schein drückte,
statt einem kleinen Teil wurde das komplette, unter
Denkmalschutzstehende, Gebäude abgerissen und das
städtische Amt für Bauordnung und Denkmalpflege sah
dabei gnadenlos zu, die nicht genehmigten Bauteile zu
stoppen. Es drohte jedoch keine Einsturzgefahr! Bei
einem Ortstermin im Juli 2006 bestätigte dies ein
Statiker und somit bestand keine Rechtsgrundlage für
einen Vollabriss. Lediglich wurden das ehemalige
Pförtnerhäuschen, Teile der Grundmauern und Zaunanlagen
und die historischen Kellergewölbe erhalten und
teilweise rekonstruiert.
Stadtforum:
Hier war die Empfindung in der Öffentlichkeit schon
hoch, aber der Stadtrat hatte hierbei ein zaghaftes und
geringes Interesse!
Schließlich wurde das neue
Stadtteilzentrum mit Kaufland-Markt im März 2010
eröffnet.
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Kaufland Reudnitz (2007)

Am 18. Mai 1872 wurde der
Straßenbahnhof Reudnitz eröffnet und zugleich der
Betrieb der Leipziger Pferde-Eisenbahn. Erstes am Platz
war eine 65 Meter lange, dreigleisige und hölzerne
Wagenhalle. Dazu kamen 3 Ställe mit Boxen für 198
Pferde. In den folgenden Jahren folgte der Ausbau von
weiteren Wagenhallen und Gleisen. Im März 1897 konnte
das Areal elektrifiziert werden. Später befanden sich
auf dem ältesten Straßenbahnhof Deutschlands neben
Wagenhallen und Freiabstellflächen eine Werkstatt,
Lackiererei und Waschanlage. Die Ein- und Ausfahrten zum
Betriebshof bewegten sich an der Dresdner Straße und
Täubchenweg, die 1998 und 2005 zurückgebaut wurden.
Letztendlich wurde am 5. Oktober 1997 der
„Straßenbahnhof Reudnitz“ geschlossen.
Seit 1993 ist im
Stadtteilzentrenkonzept der Stadt Leipzig ein
Stadtteilzentrum auf dem Areal des Straßenbahnhofs
Reudnitz geplant. Nach Schließung des Depots nach 125
Jahren Betrieb, wurde das Projekt konkreter. Als
Hauptmieter konnte Kaufland gewonnen werden. Im hinteren
Teil befinden sich mehrere Hallen, darunter die älteste
Stahlbetonhalle der Stadt aus dem Jahre 1909, und genau
diese sollte auch in das neue Stadtteilzentrum
einbezogen werden. Trotz Denkmalschutz und zahlreichen
Gegenstimmungen wurde bis auf die Stahlbetonhalle der
komplette Straßenbahnhof zwischen September 2005 und
Januar 2006 abgerissen. Für die anderen beiden
Wagenhallen wurde der Denkmalschutz aberkannt und nicht
als erhaltenswert eingestuft. Das ehemalige
Verwaltungsgebäude Dresdner Straße 78 bleibt erhalten,
ein weiteres Gebäude Dresdner Straße 80 verlor seinen
Denkmalschutzstatus. Für dieses Gebäude und die beiden
Wagenhallen wurde der Abbruchantrag genehmigt. Es sollte
wenigstens die sechsgleisige A-Halle (Stahlbetonhalle)
integriert werden, dass hätte der Florana KG
(Bauausführung) zusätzlich 500.000 € gekostet. Das
Gesamtprojekt beläuft sich auf 16 Millionen €. Sie sahen
es nicht ein, so viel Geld für ein Gebäude zu
investieren, das später verkleidet wird und deren Decken
abgehangen werden. Die erstellten Planungen von der
Reudnitz Center GmbH wurden von der Florana KG
überarbeitet, die die Wagenhalle A einfach weggelassen
haben. Schließlich wurde Ende März 2006 ein Drittel der
A-Halle zurückgebaut. Somit war zu Baubeginn des
Reudnitz-Center im Frühjahr 2006 fast nichts mehr übrig,
bis auf einen Rest und die ehemalige Villa an der
Dresdner Straße, der Sitz der Leipziger Pferde-Eisenbahn
war.
Stadtforum:
Eine Sensibilisierung der Öffentlichkeit war leider sehr
schwierig und der Stadtrat hatte kein spürbares
Interesse!
Im Mai 2007 wurde das
Einkaufszentrum mit Kaufland als Ankermieter eröffnet.